Urdenbacher Altrhein

Ein Paradies ist zurück

Der Urdenbacher Altrhein darf zurück ins alte Bett – ein bisher einmaliges Projekt in NRW

Der Altrhein bei Urdenbach ist Teil des Naturschutzgebietes Urdenbacher Kämpe im Süden von Düsseldorf. Die Kämpe gehört zu den letzten Flussauen am Niederrhein, die regelmäßig bei Hochwasser überschwemmt werden. Als so genanntes Fauna-Flora-Habitat-Gebiet hat sie einen hohen Rang unter den europäischen Naturschutzgebieten.

Nach langjähriger Planung wurde ein Gewässerentwicklungsprojekt umgesetzt. Seit April 2014 fließt der Urdenbacher Altrhein wieder in seinem alten Bett. Bereits nach kurzer Zeit zeigten sich zahlreiche positive Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt, die wissenschaftlich begleitet und dokumentiert werden. Unter Bürgerbeteiligung wurden Infotafeln entwickelt.


Projekt: Gewässerentwicklung

Aus Gründen des Natur- und Hochwasserschutzes und vor dem Hintergrund der klimatischen Veränderungen und deren Auswirkungen werden europaweit verstärkt Fließgewässer renaturiert. Ein außergewöhnliches Beispiel hierfür ist nach der Umsetzung eines Gewässerentwicklungsprojektes der neue Lauf des Urdenbacher Altrheins.

Um dem Urdenbacher Altrhein wieder eine natürliche Entwicklung zu ermöglichen, wurde zwischen August 2013 und April 2014 der oben beschriebene Sommerdeich an zwei Stellen in Höhe der Düsseldorfer Stadtteile Hellerhof, Garath und Urdenbach auf jeweils ca. 20 m Länge geöffnet. Holzbrücken überspannen die Öffnungen und geben den Blick frei auf die neue Entwicklung des Altrheins.

Dieser fließt nun auf einer Länge von 2,5 km linksseitig des Deiches. Dort entwickelt sich allmählich ein typisches Niederungsfließgewässer. Der Bach kann seit der Deichöffnung seinen Lauf wieder im taltiefsten Bereich der Urdenbacher Kämpe selbst entwickeln, das heißt: dort, wo er vor den Ausbaumaßnahmen der 1950er Jahre Jahrhunderte sein eigenes Bett gegraben hatte. Zugleich können die kleinen Rheinhochwässer sowie die Hochwasser des Baches selber, wieder ungehindert in die Aue strömen.

Durch das Projekt wurde das gesamte Naturschutzgebiet ästhetisch und ökologisch weiter aufgewertet. Die Veränderungen in der Tier- und Pflanzenwelt werden in den kommenden zehn Jahren durch die Biologische Station Haus Bürgel und die Stadt Düsseldorf wissenschaftlich untersucht und dokumentiert. Erste Ergebnisse der Entwicklungen.


Mehr Natur ist möglich - und nötig

Altrhein – ins ungemachte Bett

Aus Solingen und Hilden kommt der Garather Mühlenbach und fließt bei Düsseldorf-Hellerhof in die Rheinaue. Ab hier folgt er dem Verlauf eines alten Rheinbettes und ändert gleichzeitig seinen Namen: Urdenbacher Altrhein. In den 1950er Jahren wurden im Bereich des Altrheins ein Sommerdeich sowie zwei Entwässerungsgräben angelegt.

Mit dem Deichbau wurde der Urdenbacher Altrhein auf die nördlich gelegene Deichseite verlegt und linienhaft ausgebaut. Das damalige Ziel war es, die angrenzenden Wiesen vor Sommerhochwasser zu schützen. Der Altrhein büßte dadurch jedoch seinen ökologischen Wert ein. Wie schnell sich naturnahe Verhältnisse wieder einstellen können, zeigt ein Vergleich von Luftbildern aus dem Jahr 2012 mit Luftbildern von 2015.


Auendschungel im Ballungsraum

Interpretieren Sie die Natur!

Die beiden Brücken über den Deichöffnungen eröffnen Fußgängern, Radfahrern und Joggern vom Deich aus wechselnde Blickperspektiven auf den Urdenbacher Altrhein. Gemeinsam mit Anwohnern und Interessierten wurden im Rahmen von Workshops 2014 und 2015 Ideen und Themen für Infoelemente entwickelt. Dem Besucher stehen nicht nur Informationstafeln, sondern auch Audioguides mit ansprechenden Geschichten von Anwohnern zu „ihrer Auen-Landschaft“ zur Verfügung. Per Festnetztarif oder im Internet erfahren sie Interessantes zu Steinkauz, Graureiher, Eisvogel und Co. oder zur Frage, warum die Urdenbacher Kämpe nicht eingedeicht worden ist. An den Infotafeln weisen kleine Pegelmarkierungen daraufhin, wie hoch das Hochwasser z. B. 1995 im Gebiet stand. Das Wanderwegenetz wurde neu ausgezeichnet, Bänke und Ruheplätze eingerichtet, die zum Verweilen, Beobachten und Genießen der Urdenbacher Kämpe einladen. Dabei wurde auch eine barrierefreie Route „Kämpe inklusiv“ entwickelt. Auf der Internetseite www.AuenBlicke.de ist die Route genau beschrieben, sodass Menschen mit Handicap sich vorab informieren können, ob der Weg für sie geeignet ist. Eine Wanderkarte mit Informationen zu den Routen und deren Besonderheiten Auendschungel im Ballungsraum ist in der Biologischen Station und den umliegenden Gaststätten kostenlos erhältlich. Lassen Sie sich inspirieren und teilen Sie Ihre Beobachtungen auf den Notiztafeln mit anderen Besuchern.


Starke Partner machen´s möglich

Möglich wurde der naturnahe Altrhein-Umbau durch den Erwerb wertvoller Flächen durch die NRW-Stiftung und die Landeshauptstadt Düsseldorf. Mittlerweile handelt es sich um eine Fläche von 150 Hektar, die entlang des Urdenbacher Altrheins in öffentlicher Hand ist. Die Landeshauptstadt Düsseldorf ist Träger des Projektes. Die Kosten für die Umgestaltung und den Bau der Brücken lagen bei rund 700.000 Euro. An der Finanzierung der Planung,

Baumaßnahme und Erfolgskontrolle beteiligten sich die Landeshauptstadt Düsseldorf, das Land NRW, die NRW-Stiftung und der Bergisch-Rheinische Wasserverband.

Die AWISTA GmbH, die KDM GmbH sowie die Deutsche Umwelthilfe bezuschussen die wissenschaftlichen Begleituntersuchungen. 

Die Infotafeln, Hörerlebnisse und Bänke wurden über das EU-geförderte Projekt „AuenBlicke“ finanziert. Eine Wanderkarte ist kostenlos bei der Biologischen Station erhältlich.


FAQ zum Urdenbacher Altrhein

Weitere Hintergrund-Informationen zum Altrhein-Projekt finden sie hier.

Warum wurde der Urdenbacher Altrhein umgeleitet?

Das bisherige kastenartige Profil wurde 1956 gemeinsam mit dem Sommerdeich gebaut. Es sollte das Wasser des Garather Mühlenbaches / Urdenbacher Altrheins schnell zum Rhein ableiten, um Bewirtschaftung der angrenzenden Wiesen und Äcker vor leichten Hochwässern zu schützen. Der Bach mit seinem weitgehend sandigen stetig umgelagerten Untergrund bot nur wenigen Wasserpflanzen und Wassertieren Lebensraum. Zukünftig wird sich ein Niederungsgewässer mit einer deutlich höheren Artenzahl ausbilden – und das völlig eigenständig allein durch die wechselnde Hochwasserdynamik.

Was passiert mit dem bisherigen Bachbett des Urdenbacher Altrheins?

Durch zehn sogenannte Bodenkissen, die quer zum Bachbett geschüttet wurden, staut sich das langsam einsickernde Grundwasser abschnittsweise. So bilden sich zusätzliche Feuchtlebensräume beispielsweise für Amphibien und Libellen.

Warum wurde auch in den ehemaligen Baumberger Graben sandiger Boden geschüttet?

Der Baumberger Graben diente ebenfalls seit 1956 der schnellen Entwässerung. Mit den vier Bodenschüttungen im Baumberger Graben wird ein schneller Abfluss des neuen Bachlaufes verhindert. So kann sich ein neuer Lauf ungehindert ausbilden.

Warum fließt so wenig Wasser aus dem Garather Mühlenbach in die Aue?

Im gesamten Einzugsgebiet des Garather Mühlenbaches (50 km²) zwischen Solingen, Hilden und Langenfeld haben der zuständige Bergisch Rheinische Wasserverband und die Stadt Düsseldorf bereits über 8 km Gewässerlauf renaturiert. Dadurch versickert ein Teil des Wassers bereits vor Ort und. Bei mehrwöchiger Trockenheit fehlt zusätzlich der Niederschlagsnachschub.

Warum schützt die Deichöffnung vor Folgen des Klimawandels?

Durch die Überflutung der Feuchtgebiete werden bei Hochwasser Wassermengen zurückgehalten und mindern in gewissem Rahmen den Abfluss in den Rhein. Beim anderen Extrem, einer mehrwöchiger Trockenheit im Sommer, füllt der Abfluss eines einzelnen Gewitterregens zunächst die Tümpel der Feuchtgebiete. Bisher floss dieses Wasser direkt in den Rhein – und die angrenzenden Lebensräume der Libellen, Frösche und Fische trockneten weiter aus.  

Führt die Deichrückverlegung zur Austrocknung des Garather Sumpfes?

Der Garather Sumpf wird durch Grundwasser aus der Geländekante („Hangdruckwasser“) gespeist. Dies war in den frostigen Winterwochen der Jahre 2010/11 und 2011/12 gut zu sehen. Damals waren lediglich die mit ca. 7° C relativ warmen Grundwasserquellaustritte dauerhaft eisfrei, während der gesamte Sumpf zugefroren war.

Werden zukünftig Mückenplagen auftreten?

Diese Befürchtung äußerten viele, als das Projekt geplant wurde. Mücken brauchen zur Entwicklung warmes, stehendes Wasser. Das Wasser hier stammt überwiegend vom Grundwasser oder vom Fließgewässer und ist daher zu kühl für die Entwicklung von Mücken. Außerdem sind Libellenlarven, Frösche und Fische als Fressfeinde der Mücken reichlich vorhanden. Wenn allerdings der Rhein über die Ufer tritt, kann sich das in Mulden stehende Wasser aufheizen und ist dann für Mücken ein idealer Vermehrungsraum.

Welche Tiere kann man beobachten?

Der blauschimmernde Eisvogel fliegt entlang der Wasserflächen und sucht nach kleinen Fischen. Er ist sehr scheu, hält sich aber regelmäßig im Gebiet auf. Daher gehört etwas Glück dazu, ihn zu beobachten.

Insgesamt 12 Graureiher brüten zwischen März und Juli in Bäumen über dem Sumpf entlang der Geländekante Richtung Garath.

Der Biber kommt nicht im Gebiet vor. Die nächsten Biber leben an der Erft und am Niederrhein bei Bislich. Der Nutrias und die noch kleineren Bisamratten sind jedoch seit Jahren im Gebiet anzutreffen. Der Nutria wird über 60 cm groß. Er besitzt einen runden Schwanz, der nochmal 40 cm lang werden kann. Die Bisamratte ist mit ca. 40 cm Körperlänge und kürzerem Schwanz noch kleiner als der Nutria. Er baut die aufgehäufte Bauten, die insbesondere im Baumberger Hamm beobachtet werden. 

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