Pflanze des Monats

Ein Spaziergang durch die Urdenbacher Kämpe lohnt sich zu jeder Jahreszeit. Es gibt für Erwachsene und Kinder so vieles zu entdecken.

In dieser Serie stellen wir einige interessante Pflanzen vor, die am Wegesrand zu finden sind. Darunter sind häufige, aber auch einige seltene Arten. Viele von ihnen locken Insekten an und sind daher ökologisch besonders wertvoll oder haben besondere Überlebensstrategien entwickelt. Schon unsere Vorfahren haben die heilende Wirkung der Pflanzen für sich zu nutzen gewußt oder sie für alte Handwerke genutzt.

Es lohnt sich, die Augen offen zu halten!

Texte und Fotos: Christiane Wöllner


Juli - Blutweiderich

Mit ihrer leuchtenden rot-violetten Blütenpracht zieht der Blutweiderich (Lythrum salicaria) nicht nur die Blicke der Spaziergänger und Wanderer von weitem auf sich. Auch Bienen, Hummeln, Schwebfliegen und Schmetterlinge „fliegen“ auf den süßen Nektar der stattlichen Pflanze.

Bekannt ist sie auch unter ihren Namen Ährenweiderich, Gewöhnlicher Blutweiderich, Blutkraut oder Stolzer Heinrich.

Sie blüht ab Juli bis in den September und wird bis zu 1,20 Meter hoch. Die Blüten sind rot-violett gefärbt. Jede der langen, endständigen Ähren besteht aus rund hundert Blüten. Der derbe, behaarte Stängel steht aufrecht. Die Blätter sind gegenständig angeordnet. Die Pflanze produziert Pollen in unterschiedlichen Farben und Größen. Ein raffinierter Mechanismus aus unterschiedlich langen Griffeln und Staubfäden stellt die Fremdbestäubung sicher.

Blutweiderich enthält zahlreiche Wirkstoffe wie Pektin, Harze, ätherisches Öl und viele Gerbstoffe. Diese verleihen der Pflanze bakterienhemmende und blutstillende Eigenschaften. Schon im Altertum setzten Heilkundige die Blüten und den Wurzelstock als Medizin gegen Durchfälle, bei Magen- und Darmentzündungen ein. Und sie nutzten die blutungsstillende Wirkung zur Wundheilung. In Notzeiten aßen die Menschen die jungen Sprosse, das Mark der Stängel und die Laubblätter als Gemüse.

Früher wurde der Blutweiderich zum Gerben von Leder verwendet. Mit seinem Saft imprägnierten die Menschen schon im 16. Jahrhundert Holz und Seile und verhinderten so, dass sie im Wasser faulen. Mit dem roten Farbstoff der Blüten färbte man einst auch leckere Zuckerwaren.

Blutweiderich fühlt sich in humusreichen, feuchten Böden wohl. Hier kann eine einzige Pflanze bis zu drei Millionen Samen bilden, die von Wind und Wasser verbreitet werden. Die Samen haben feine Schleimhaare, mit denen sie sich an Wasservögeln festhalten und forttragen lassen. So können sie im nächsten Frühjahr in allen ausreichend feuchten Böden keimen und ihre nächste Generation sichern.

 


August - Großer Wiesenknopf

Die Große Wiesenknopf (Sanguisorba officinalis) ist im Volksmund auch als Herrgottsbart oder Blutströpfchen bekannt. Sein Nektar ist für viele Insekten eine willkommene Nahrung, seltene Schmetterlinge nutzen ihn sogar als Kinderstube. Und auch die Menschen wissen schon seit Jahrhunderten um die Geheimnisse dieser vielseitigen Heilpflanze.

Die prächtige Pflanze aus der Familie der Rosengewächse ist eine heimische Staudenart und erreicht eine Wuchshöhe von 30 bis 120 Zentimetern. Besonders auffallend sind die bis zu zwei Zentimeter langen, eiförmigen weinroten Blütenköpfe. In den Monaten Juni bis August heben sie sich dekorativ vor dem Hintergrund grüner Wiesen ab. Nach der Blüte bilden sich kleine braune Nussfrüchte aus.

Der Große Wiesenknopf liebt wechselfeuchte Nass- oder Moorwiesen. In der Urdenbacher Kämpe findet man ihn leicht bei der Wanderung durch die Bürgeler Wiesen. Im Bestand ist er zwar nicht gefährdet, jedoch ist seine Verbreitung rückläufig, weil viele Wiesen immer früher gemäht werden. So können die Früchte nicht mehr lange genug ausreifen. Bestäubt wird die Pflanze durch Insekten, sie kann sich aber auch spontan selbstbestäuben.

Viele Insekten schätzen den Großen Wiesenknopf als Nahrungsquelle - einige sogar als Kinderstube. So legen die Weibchen zweier seltener Schmetterlingsarten (der Dunkle und der Helle Wiesenknopf-Ameisenbläuling) ihre Eier auf den Blütenköpfen ab. Daraus entwickeln sich dann Raupen, die sich anfangs von der Pflanze ernähren und sich dann später von einer bestimmen Ameisenart (Myrmica) adoptieren lassen.

In historischen Heilbüchern finden sich Hinweise, dass die Menschen schon vor Jahrhunderten die Geheimnisse dieser vielfältigen Heilpflanze entschlüsselt haben. Ihr wurde eine blutstillende, entzündungshemmende und verdauungsfördernde Wirkung nachgesagt. Einen Hinweis darauf gibt auch der botanische Name Sanguisorba. Er setzt sich zusammen aus “sangus“ für “Blut“ und “sorbere“ für “einsaugen“. Der Zusatz Officinalis deutet darauf hin, dass es im Officium, der Klosterapotheke, verwendet wurde.

Dabei können alle Teile, also Blattwerk, Samen und Wurzeln verwendet werden. Schon 1626 wurde der Große Wiesenknopf als äußerliches Wundheilmittel bei Fisteln und Krebs empfohlen. Er galt als bedeutendes Kraut zum Schutz vor Pest und Tuberkulose.

Einige Homöopathen wenden den Großen Wiesenknopf bis heute an, beispielsweise bei Krampfaderleiden, bei Blutungen in den Wechseljahren und bei Durchfallerkrankungen.

Immer mehr Menschen schätzen ihn aber auch als Küchenkraut und würzen mit den frischen jungen Blättern und Blütenknospen Salat, Kräuterbutter und Kräuterquark. Auch zu Gemüsen, Suppen und Fleischgerichten passt er hervorragend. Kräuterkundige bereiten aus den Wurzeln Tee und verzehren die Blätter gegen Sodbrennen.

Auch im eigenen Garten ist die Pflanze eine optische Bereicherung für naturnahe Beete: Mit seinem schlanken Wuchs passt der Große Wiesenknopf hervorragend zwischen viele andere naturnahe Pflanzen. Da die Staude an ihrem Naturstandort meist auf Wiesen wächst, bevorzugt sie auch im Garten einen sonnigen bis halbschattigen Standort.


September - Herbstzeitlose

Die Herbstzeitlose (Colchicum autumnale) erinnert an die hübschen Krokusse die bei uns den Frühling einläuten. Allerdings blüht sie erst von August bis Oktober - und liegt damit außerhalb der „üblichen“ Zeit. Diesem Umstand verdankt sie auch ihren deutschen und lateinischen Namen. Alle Teile der Pflanze sind sehr giftig.

Die ursprünglich aus Asien stammende Herbstzeitlose ist auch unter den Namen Herbstvergessene, Herbstlilie oder Wintersafran bekannt. Sie wächst auf Feuchtwiesen, Auenwäldern und deren Rändern. Bis zu 20 cm wird sie hoch und erinnert an einen Krokus.

Im Frühling zeigt sie nur den Fruchtstand und ihre tulpenartigen Blätter. Erst im Herbst treibt sie ihre rosa-violette Blüte aus der Erde. Diese scheint auf einem "Stiel" zu sitzen, der aber in Wirklichkeit die Blütenröhre darstellt und aus der tief sitzenden Zwiebelknolle entspringt. Auch auf den Bürgeler Wiesen kann man die hübschen Blüten in diesen Wochen entdecken und sich an ihrem Anblick erfreuen – und sollte es unbedingt dabei belassen.

Die Herbstzeitlose ist nämlich alles andere als eine sanfte Heilpflanze - alle Teile sind sehr stark giftig und enthalten das Zellgift Colchicin. Auch beim Trocknen, Lagern oder Kochen bleibt die Giftwirkung erhalten. Bereits wenige Gramm des Samens können für den Menschen und für viele warmblütige Tiere – wie Pferde oder Rinder – tödlich sein.
Diese Wirkung war schon seit der Antike bekannt: zahlreiche Morde und Selbstmorde gingen im Laufe der Jahrhunderte auf ihr Konto. Im Mittelalter wickelten sich die Menschen die Pflanzenwurzel um den Hals, um sich so vor der Pest zu schützen – allerdings ohne den erhofften Erfolg.

Dennoch kann die Herbstzeitlose auch heilen: In der Humanmedizin werden ihre Bestandteile heute von Homöopathen – als verschreibungspflichtige Präparate in sehr geringer Dosierung – zur Behandlung von Rheuma und Gicht eingesetzt.

Eine wichtige Rolle spielt das Zellgift Colchicin übrigens auch in der Pflanzenzüchtung. Richtig eingesetzt vervielfacht es den Chromosomensatz einer Pflanze. So erhalten die Züchter bei vielen Pflanzen größere Blüten, bei Obstgehölzen und Getreidesorten größere Früchte und Samen.

Diese giftige Schönheit hat auch eine ökologische Bedeutung: Für den Eulenfalter, eine nachtaktive Schmetterlingsart, ist sie eine begehrte Futterpflanze. Er ernährt sich von ihrem Nektar.

Auch im eigenen Garten kann die Herbstzeitlose noch viele Wochen in den grauen Herbst hinein für attraktive Farbtupfer sorgen. Sei es in Pflanzschalen, in kleinen Gruppen in Beeten oder großzügig verteilt über den Rasen. Die Gartencenter halten außer der Wildform inzwischen attraktive Nachzüchtungen bereit, die noch wüchsiger sind, die teils üppig gefüllte Blüten und weitere auffallend leuchtende Farben haben.

 

Herbszeitlose

Oktober - Alte Apfelsorten

Schwer hängen die roten, grünen und gelben Früchte an den Bäumen. Endlich ist Erntezeit – die alten Apfelsorten auf den Obstwiesen in der Urdenbacher Kämpe sind jetzt reif und erfreuen nicht nur die Menschen. Auch für viele geschützte Tierarten sind die Obstwiesen ökologisch wertvoll.

Die Urdenbacher Kämpe verfügt über rund 20 Hektar alte Obstwiesen – das sind etwas mehr als 20 Fußballfelder. Hier gedeihen rund 26 alte Apfelsorten.

Sie haben nicht nur überaus klangvolle Namen, sondern erstaunen mit einer großen Palette an Düften und Geschmacksrichtungen: süß oder erfrischend säuerlich, nach Banane, Zitrone, nach Heu oder sogar nach Weihnachten.

Aus den vielen Sorten sei hier eine kleine Auswahl vorgestellt:

Die Apfelsorte Kaiser Wilhelm wurde schon anno 1864 als veredelter Baum im Garten von Haus Bürgel aufgefunden. 1875 legte man ihn Kaiser Wilhelm zur Geschmacksprobe vor. Der stimmte begeistert der Verwendung seines Namens für „diesen wahrhaft majestätischen Apfel“ zu. Bis heute schätzt man sein wohlschmeckendes, himbeerartiges Aroma.

Auch die Rote Sternrenette ist ein Juwel der alten Streuobstwiese. Sie wird auch Herzapfel genannt. Der dunkelrot gefärbte Apfel galt einst als „der klassische Weihnachtsapfel“ und war weit verbreitet.

Der Rote Eiserapfel schmeckt süß mit leichter Säure und mäßiger Würze. Man kann ihn prima frisch essen, aber auch zum Kochen, Backen und Entsaften verwenden. Bereits im 16. Jahrhundert wurde er angebaut und war bis in die 1950er Jahre in Europa weit verbreitet, da er hervorragende Lagerfähigkeit besitzt. In Erdmieten können sie bis zum übernächsten Jahr essbar bleiben. Kühl aufbewahrt hält sich die Sorte auch in heutigen Haushalten bis Ostern.

Die alten Apfelsorten sind oft sehr reich an Vitamin C; viele von ihnen sind auch für Apfelallergiker geeignet.

Die heute noch vorhandenen alten Sorten des Kulturapfels (Malus domestica) stellen ein wertvolles Reservoir an Erbanlagen dar. In ihnen stecken noch viele genetische Informationen über Standortansprüche, Widerstandsfähigkeit, Krankheits- und Schädlingsresistenz. Eigenschaften, die den heutigen Tafelobstsorten oft fehlen. So werden die rund 800 Bäume in der Urdenbacher Kämpe nicht gedüngt oder gespritzt, sondern nur fachgerecht geschnitten.

Für den Schutz, Erhalt, die Pflege und Neuanlage von Streuobstwiesen erhielt die Biologische Station Haus Bürgel 2017 die Plakette „Vorbildlicher Streuobstbestand“. Das vom Umweltministerium finanzierte „Netzwerk Streuobstwiesenschutz.NRW“ verlieh diese Auszeichnung.

Die Streuobstwiesen sind auch Lebensraum für zahlreiche Insekten. Sie werden durch aufgebaute Insekten-Nistkästen unterstützt. Die fleißigen Bewohner mehrerer Bienenstöcke auf den Obstwiesen sorgen für die Bestäubung der Blüten und liefern jedes Jahr den begehrten Streuobstwiesenhonig.

Jeder kann auf seine Weise zum Erhalt der Obstwiesen und alten Apfelsorten beitragen. Entweder durch den Kauf der Obst- und Honigprodukte. Die Einnahmen werden in die Pflege reinvestiert. Der diesjährige Obstverkauf findet am 9. Oktober statt. Wer Platz und Freude am Gärtnern hat, kann natürlich auch seinen eigenen Apfelbaum einer alten Sorte pflanzen, die seine Großeltern schon kannten.

Obstverkauf verlinken auf

https://www.biostation-d-me.de/veranstaltungen/termin/news/frischobstverkauf-von-kaiser-wilhelm-jakob-lebel-co0/?tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&cHash=fb8ed3c0bf044eed60c679bdd1e99ee9

Weitere Informationen

https://www.biostation-d-me.de/gebiete-projekte/obstwiesen/lokale-obstsorten/

Apfelwiese

November - Gewöhnliche Gelbflechte

Flechten – von vielen Menschen werden sie gar nicht wahrgenommen oder zu Unrecht als Parasiten betrachtet – und grundlos vernichtet. Genaueres Hinschauen lohnt sich jedoch: denn die Miniatur-Kunstwerke bieten den Raupen vieler Schmetterlinge Nahrung und sie können Indikatoren für die Schadstoffbelastung unserer Atemluft sein.

Die Gewöhnliche Gelbflechte Xanthoria parietina - eine von rund 1.700 Flechtenarten in Deutschland –  ist weit verbreitet. Sie ist ein interessanter Doppelorganismus – denn sie besteht aus einem Pilz und einer Alge, die eine perfekte Lebensgemeinschaft bilden. Wasser und Nährstoffe nimmt die Gewöhnliche Gelbflechte nicht wie Blütenpflanzen über Wurzeln auf, sondern direkt aus der Luft.

Diese bis zu zehn Zentimeter große Flechte wächst bevorzugt an der Rinde von Laubbäumen oder Holundersträuchern. Sie fühlt sich aber auch auf Mauern, Steinen und sogar auf rostigen Blechen wohl, wenn sie dort genügend Nährstoffe und hin und wieder Feuchtigkeit findet. Am besten entwickelt sie sich da, wo die Luft stark mit Stickstoffverbindungen belastet ist. Daher ist sie auch häufig in der Nähe von landwirtschaftlich genutzten Flächen oder den Ansitzen von Vögeln zu finden.

Die wenigsten Spaziergänger in der Urdenbacher Kämpe werden wissen, dass die Raupen vieler Schmetterlinge aus der Gruppe der Flechtenbären - von der Flechte als Nahrungsquelle abhängig sind.

Durch ihre intensiv gelbe oder orangegelbe Farbe ist die Gemeine Gelbflechte meist gut sichtbar. Einst verwendeten die Menschen ihre leuchtende Farbe zum Färben von Textilien uns setzten sie als Arzneimittel gegen die Malaria ein. Inzwischen gibt es wirksamere Medikamente.

Auch heute noch können Flechten den Menschen hilfreiche Dienste leisten – so zum Beispiel beim Biomonitoring – also bei der Beurteilung von Umweltveränderungen.

Die Gewöhnliche Gelbflechte ist eine häufige und nährstofftolerante Art, die mit ihrer momentanen Ausbreitung sehr gut den seit einigen Jahren stattfindenden Wandel der Immissionssituation in der Bundesrepublik dokumentiert. So war vor rund zwanzig Jahren die Belastung durch das schädliche Schwefeldioxid in der Luft noch sehr hoch. Durch den Einsatz von Katalysatoren verringerte sie sich. Weiterhin unvermindert hoch ist jedoch die Belastung mit düngenden Stickstoffverbindungen.

Die Gewöhnliche Gelbflechte profitiert ganz offensichtlich von dieser "Düngung aus der Luft" und verbreitet sich in vielen Regionen verstärkt an Bäumen, Mauern und auf Dächern.

Damit symbolisiert somit eines der aktuellsten Umweltprobleme unserer heutigen Zeit, denn die Stickstoffverbindungen belasten auch Moore, Heideflächen, Trockenrasen und Wälder und bedrohen empfindliche Arten in ihrer Existenz.

Gelbflechte

Dezember - Kopfweide

Die Kopfweide ist bekannt für ihre Hohlräume, die vielen Tieren Zuflucht gewähren. Im Frühjahr geben ihre Blüten – die Weidenkätzchen – Bienen und Schmetterlingen Nahrung. Und sie liefert den Menschen die begehrten Weidenruten für Haus und Garten.

Die Kopfweide ist eine Weide, deren Stamm als Jungbaum auf einer Höhe von etwa 1 bis 3 Metern eingekürzt wurde und deren Zweige regelmäßig beschnitten werden. Besonders geeignet ist die Silber-Weide (Salix alba) oder die Korb-Weide (Salix viminalis).

An der Schnittfläche treibt der Baum immer wieder neu aus. Einmal beschnitten muss die Kopfweide alle drei bis zehn Jahre „geschneitelt“ werden – so lautet der Fachbegriff für dieses Stutzen. Im Lauf der Jahre verdickt sich der Stamm zum „Kopf“.

Die gewonnenen Ruten nutzten die Menschen in früheren Zeiten für die Korbflechterei - daher der Begriff Korb-Weide. Sie bogen sie zu allerlei Körben für Haus und Hof, zu Fischreusen oder fertigten Möbel daraus. In Verbindung mit Lehm dienten sie als Baumaterial für Hauswände. Ältere Äste verwendete man als Besen- und Werkzeugstiel.

Größere Äste wurden einst auch als Pfähle für Weidezäune eingesetzt. Dabei unterschätzten die Bauern die enorme Regenerationsfähigkeit der Pflanzen. Selbst zum Zaunpfosten verstümmelt, trieb manches scheinbar trockene Holz wieder aus und wuchs zum stattlichen Baum heran – ebenso der nächste Pfosten. Aus diesem Grund findet man Kopfweiden auch heute noch häufig in einer langen Reihe – die sich wie eine Perlenschnur durch die Landschaft zieht.

Heute werden die Kopfweiden kaum noch wirtschaftlich genutzt, da sich industrielle Ersatzprodukte durchgesetzt haben. Werden Kopfweiden nicht mehr gepflegt, oder sind die Intervalle zu lang, werden sie „kopflastig“ und brechen auseinander.

Naturschutzorganisationen setzen sich weiterhin für ihren Erhalt ein. So auch die Biologische Station Haus Bürgel. Alle fünf bis zehn Jahr organisiert sie gemeinsam mit der Jägerschaft und ehrenamtlichen Naturschützern Termine, in denen die Kopfweiden wieder „geschneitelt“ werden. Eine Gruppe besonders prächtiger Exemplare ist im südlichen Ende der Urdenbacher Kämpe, nahe der Ortschaft Alt-Baumberg zu finden.

Die alten Bäume bieten Lebensraum für zahlreiche Tierarten wie Steinkauz und Fledermaus. Diese finden in den häufig hohlen Stämmen Unterschlupf und Nistgelegenheit. Das weiche Weidenholz wird im Kopfbereich leicht morsch. Darin verbringen viele Käfer, Schmetterlinge und Wildbienen ihre Larvenzeit. Und selbst eine ganz hohle Weide lebt noch weiter und kann blühen.

Im Frühjahr werden die Weidenbäume besonders wichtig: der Nektar und die Pollen ihrer  „Weidenkätzchen“ bieten den Bienen und ersten Schmetterlingen im Frühjahr eine lebenswichtige Nahrungsquelle. Darum werden in der Regel in einem Jahr nicht alle Weiden eines Bestandes geschneitelt, sondern abwechselnd immer nur einzelne. Auch beim gelegentlichen Pflücken einzelner Weidenkätzen für die heimische Dekoration sollte daher maßvoll vorgegangen werden.

In den vergangenen Jahren gab es eine erfreuliche Trendwende: Immer mehr Menschen interessieren sich für die Kopfweiden und holen diese Kultur zurück ins Leben. Die Nachfrage nach Korbflecht-Workshops steigt. Auch der Ökotourismus spielt eine Rolle, denn die bizarren alten Bäume locken Besucher an. Auch in der Urdenbacher Kämpe gibt es viele dieser alten Kopfweiden – und Hinweistafeln mit erläuternden Informationen.


Januar - Mistel

Glücksbringer, Heilpflanze und Schädling - die Mistel hat viele Gesichter. Einst wurde sie verehrt und als heilig angesehen – bis heute sagt man ihr heilende Wirkung bei zahlreichen Krankheiten nach. Ein starker Befall von Misteln kann jedoch schwere Schäden bei Bäumen und Streuobstwiesen anrichten.

Ein schweifender Blick durch die Baumwipfel der Urdenbacher Kämpe reicht – schnell können Spaziergänger die großen kugelförmigen Gewächse erkennen. Besonders viele Misteln sitzen in den hohen Pappeln.

Doch wie gelangen sie in diese zum Teil schwindelerregende Höhe? Das Geheimnis liegt in der Beschaffenheit der Mistel-Früchte und Samen. Sie bilden keine Samenschale, sondern eine klebrige Schicht, die als Viscin bezeichnet wird. Mehr dazu später...

Die Samen werden auf verschiedene Arten von Vögeln verbreitet, dazu gehört auch die Misteldrossel. Sie versuchen die klebrigen Früchte von ihrem Schnabel auf den Ästen abzustreifen, wo sie hängen bleiben. Andere Samen werden von ihnen gefressen und bleiben unverdaut in den Zweigen kleben. Hier bilden sie auf der Rinde einen Keim, der bis zu den lebenswichtigen Leitbahnen ihrer neuen Wirtspflanze hindurchdringt.  Eine neue Mistelpflanze entsteht.

Botanisch gesehen ist die Mistel ein Halbschmarotzer, der nicht auf dem Boden wurzelt, sondern auf einem Baum. Sie bezieht die benötigte Flüssigkeit und Nährstoffe aus den Bäumen, auf denen sie wächst, kann aber durch ihre grünen Blätter die Photosynthese selbst betreiben – daher der Begriff „Halbschmarotzer“.

Ist ein Baum stark mit Misteln befallen, können Äste oder sogar der ganze Baum absterben. Das kommt insbesondere bei Streuobstwiesen vor, die nicht mehr regelmäßig gepflegt werden.

Der Name Mistel ist übrigens mit dem althochdeutschen „mist“ verwandt. Schon damals wusste man, dass die Mistelsamen von Vögeln gefressen werden und mit deren Ausscheidungen – dem „Vogelmist“ - wieder auf die Bäume gelangen. Hier kommt auch der zweite lateinische Gattungsname „Viscum“ ins Spiel – der steht für Leim. Die alten Römer stellten aus den klebrigen Mistelbeeren Leim her, mit denen sie Vögel fingen. Der Begriff Viskosität - also das Maß für Zähflüssigkeit - hieß spätlateinisch viscosus, also „klebrig“. Und der bezog sich auf Viscum, den klebrigen Schleim der Mistelbeeren.

Jeder Fan der Asterix-Comics kennt den selbst gebrauten Zaubertrank des Druiden Miraculix: Es sind die Misteln im Trank, die den Bewohnern unglaubliche Kräfte verleihen, um ihr Dorf zu verteidigen.

Auch in der heutigen Medizin sagt man der Mistel durchaus heilende Kräfte nach. Während die weißen Beeren für den Menschen giftig sind, lassen sich aus Blättern und Trieben Medikamente gewinnen, die bei Bluthochdruck, Herz- und Kreislaufproblemen helfen, sowie bei rheumatischen Beschwerden, Verdauungs- und Stoffwechselstörungen.

Misteln wachsen vergleichsweise langsam – erst im zweiten Jahr bildet sich der erste Sproß mit Laubblättern und einer ersten Verzweigung. Bis die Pflanzen ihre kugelförmige Form bekommen, vergehen Jahre – bis zu sieben Jahrzehnte können sie alt werden.

In den vergangenen Jahren ist der Mistel-Bestand - vor allem in Süd- und Mitteldeutschland - stark gewachsen. Als Ursachen für die Ausbreitung der Mistel sehen Naturschutz-Experten vor allem die unregelmäßige Pflege von Streuobstbeständen. Daneben begünstigen wohl auch klimatische Veränderungen den Vormarsch, wie lange Trockenphasen und der daraus entstehende Stress für die Obstbäume.

Viele Vögel freuen sich über die reichlichen Beerenvorräte: Immerhin wurden in Deutschland bis zu 27 Vogelarten gezählt, die die Mistelbeeren auf dem Speiseplan haben, darunter die Sing- und Wacholderdrossel. Beide sind auch in der Urdenbacher Kämpe zuhause.

Mistelbaum

Februar - Haselstrauch

Der Haselstrauch ist in Deutschland weit verbreitet. Er wächst an Waldrändern, Brachflächen und in Gärten. Bis zu zwölf Metern kann er hoch und bis zu 100 Jahre alt werden. Seine Früchte – die Haselnüsse – sind lecker und nahrhaft. Nach altem Volksglauben bot er sogar Schutz gegen Hexerei und Unheil.

Die Hasel hat zugleich männliche und weibliche Blüten. Während die weiblichen klein und unscheinbar sind, fallen die männlichen durch ihre leuchtend gelblich-grünen Kätzchen auf, die später braun werden. Schon ab Mitte Januar entlässt die Hasel aus den Kätzchen ganze Pollenwolken, um die weiblichen Blüten durch den Wind zu befruchten. Die sind für viele Insekten eine wichtige Futterquelle – und für zahlreiche Allergiker eine Qual – und der jährliche Start für den Heuschnupfen. Und der kommt übrigens immer früher und dauert mitunter einige Wochen länger als früher.

So wurde in wissenschaftlichen Studien über jahreszeitlich wiederkehrende Erscheinungen (Phänologie) festgestellt, dass sich die Wachstumsphase der Pflanzen in Deutschland seit den 1960er Jahren um rund zwei Wochen verlängert hat. Viele Pflanzen blühen seitdem deutlich früher. Die Haselblüte setzt vielerorts sogar bis zu vier Wochen früher ein – das ist auch in der Urdenbacher Kämpe zu beobachten.

Erst viel später bilden sich die herzförmigen Laubblätter mit den weichen Flaumhaaren und dem typischen gezackten Rand. Alle Teile des Haselstrauches sind ungiftig und so mögen Rehe und andere Wald- und Feldbewohner die schmackhaften Blätter als Futter.

Im Herbst werden dann die Früchte reif. Die leckeren, gehaltvollen Haselnüsse werden von Menschen und Tieren gleichermaßen geschätzt – sie enthalten viele Vitamine, Mineralstoffe, Eiweiße und gesunde Fette. Für Eichhörnchen, Mäuse und einige Vogelarten sind sie daher ein wichtiges Winterfutter. Viele Tiere legen mit den Nüssen Winter-Depots an – und vergessen dann einige ihrer Verstecke. Aus ihnen wächst dann die nächste Generation von Haselnusssträuchern.

Die im Handel erhältlichen Haselnüsse stammen übrigens meist nicht von der gemeinen Hasel ab, sondern von der südosteuropäischen Lamberts-Hasel (corylus maxima). Wegen der roten Blätter wird sie auch Bluthasel genannt. Sie wird in der Türkei, in Italien und in Deutschland in großen Plantagen angebaut und kommerziell vermarktet.

Da Haselsträucher nach einem Schnitt kräftig austreiben, fanden die Menschen viele Verwendungsmöglichkeiten für die schlanken, biegsamen Gerten. Sie stellten aus ihnen Flechtzäune, Teppichklopfer und Korbbügel her. Aus den stärkeren Ästen fertigte man Spazierstöcke und Armbrustbögen.

In alten Volksglauben galt die Hasel als Abwehr vor Hexerei, Krankheiten und Unheil. Um sein Haus vor Blitzen zu schützen, legte man damals Zweige ins Dachgebälk.

Schon seit dem Mittelalter bis in die Gegenwart gibt es zahlreiche Berichte von sogenannten Rutengängern. Diese konnten angeblich mit einer Wünschelrute aus einer Astgabel des Haselstrauchs Wasseradern, Erdstrahlen, Metalle oder gar verborgene Schätze aufspüren. Einen wissenschaftlichen Nachweis hierfür gibt es jedoch bisher nicht.

Bis heute jedoch gilt die Hasel durch ihre Robustheit, das frühe Blühen und ihren starken Laubaustrieb als Symbol für Leben, Fruchtbarkeit und Glück. Als Grabbeilage steht sie für Schutz vor dem Bösen und für das ewige Leben.


März - Scharbockskraut

Es öffnet die leuchtend gelben Blüten ab 9 Uhr morgens und schließt sie um 17 Uhr. Und bei Regen macht das Scharbockskraut sofort die Blüten zu. Mit dem Name Scharbock beschrieben die Menschen einst die Mangelkrankheit Skorbut – und sie aßen die herzförmigen Blätter zur besseren Vitaminversorgung.

Im Frühjahr hat das Scharbockskraut es eilig. Da es meist an Waldrändern oder im Unterholz wächst, muss es schneller sein als andere. Denn sobald die Bäume voll im Laub stehen, gelangt nicht mehr genug Sonnenlicht an den Boden für seine weitere Entwicklung.

Anfang März kommen die herzförmigen grünen Laubblätter hervor und bald darauf erscheinen die auffällig gelben Blüten. Sie zeigen an, dass die Pflanzen nun leicht giftig sind. Ende Mai verblüht das bis zu 15 cm hohe Scharbockskraut, auch Feigwurz genannt. Es gehört zur Familie der Hahnenfußgewächse (Ranunculaceae).

Nach der Blüte sammelt es im unterirdischen Wurzelwerk seine Kraft bis zum Neustart im nächsten Frühjahr. Dabei bildet es weiße, getreidegroße Knöllchen, die sogar die Hauptrolle in einer alten Sage spielen. In ihr wird berichtet, dass in Zeiten der Hungersnot Getreide oder Brot vom Himmel gefallen sei.

Heute weiß man, dass mit dem „Getreideregen“ die Knöllchen des Scharbockskrauts – die Bulbillen - gemeint sind. Sie bilden sich in den Blattachseln der Pflanze und fallen dann massenhaft zu Boden, um neue Pflanzen zu bilden. Damals sammelten die Menschen die stärkereichen Körner und buken „Himmelsbrot“ daraus. Oder sie legten sie wie Kapern in Salz und Essig ein, um Vorräte zu haben.

Eine wichtige Nahrungsquelle sind die gelben Blüten auch heute für Bienen, Fliegen und Käfer nach langem Winter.

Auch die Menschen wussten schon vor Jahrhunderten die positive Wirkung der Pflanze zu nutzen. Obwohl die Pflanze leicht giftig ist – sind die grünen Blätter mit dem hohen Vitamin-C-Gehalt vor der Blüte in kleinen Mengen für den menschlichen Verzehr geeignet. Das war einst wichtig für Menschen mit Vitamin-C-Mangel wie Seefahrer oder Soldaten. Deshalb wurde diese Mangelerscheinung auch als "Seefahrerkrankheit" beschrieben. Bei länger andauerndem Skorbut – also einem starken Mangel an Vitamin C - kann es zu Auszehrung, Kräfteverfall und zum Verlust der Zähne kommen.

In der deutschsprachigen Schweiz nennt man die Pflanze auch Glitzerli, weil die Blüte - im Gegensatz zum normalen Scharfen Hahnenfuß – glitzert und glänzt, als ob sie lackiert wäre.

Auch heute noch bereichern Kräutersammler ihren frischen Wildsalat mit kleinen Mengen von Blättern des Scharbockskrautes. Das soll gegen Frühjahrsmüdigkeit helfen. Gesammelt wird selbstverständlich nicht im Naturschutzgebiet. Doch wer die Augen aufhält, findet das Glitzerli auch in nicht geschützten Wäldern, Parkanlagen oder sogar am Rand des eigenen Gartens.

Scharbockskraut

April - Wiesenschaumkraut

Im Frühjahr verwandelt das Wiesenschaumkraut ganze Wiesen in ein zartes Blütenmeer, die aussehen als seien sie mit einem rosa-violetten Schaum übersprüht. Die Blüten sind begehrtes Futter für Schmetterlinge und Wildbienen. Für Zikaden und den Aurorafalter sind sie sogar Kinderstube.

Das Wiesenschaumkraut (Cardamine pratensis) ist eine heimische Wildstaude und Heilpflanze aus der Familie der Kreuzblütler (Brassicaceae). Bis zu 60 cm hoch, fühlt sich die Pflanze auf feuchten Wiesen wohl, aber auch in Wäldern, Uferbereichen und Flachmooren.

Die ersten weißen oder rosa Blüten zeigen sich bereits Ende März und Anfang April. Sie sind nektarreich und in dieser noch blütenarmen Zeit eine wichtige Futterpflanze für Bienen und Schmetterlinge.

Auch anderen Insekten bietet das Kraut einen wichtigen Lebensraum. So heißt es Schaumkraut, weil man häufig speichelartige Schaumhäufchen (Kuckucksspeichel) an der Pflanze findet. Darin sitzen die Larven der Schaumzikade. Diese saugen an den Stängeln der Pflanze und scheiden eiweißreiche Sekrete aus, die sie schaumig aufblasen, um sich so eine schützende Hülle zu bauen.

Zur Blütezeit findet man mit etwas Glück neben Schmetterlingen wie dem Zitronenfalter oder dem Tagpfauenauge auch den hübschen Aurorafalter (Anthocharies cardamines). Er ist mit 4 cm mittelgroß, hat weiße Flügel mit orangefarbenen Flügelspitzen. Die Weibchen nutzen das Kraut zur Eiablage und legen ihre Eier am Blütenstängel ab. Die später geschlüpften Raupen können dann direkt an der Pflanze futtern. Als Jungraupen leben sie einzeln in der Blüte, später wechseln sie auf die Schoten. An der Pflanze überwintert der Falter als Puppe und schlüpft im nächsten Jahr zur Blütezeit als Schmetterling.

Beim Saugen des Nektars wurden unter anderen auch diverse Wildbienen beobachtet, wie die Rote Mauerbiene oder die Gewöhnliche Zwergsandbiene. Die Pflanze lebt von der Fremdbestäubung, denn Selbstbestäubung führt beim Wiesenschaumkraut nicht zur Bildung von keimfähigen Samen.

Der Anblick duftiger Flächen voller Wiesenschaumkraut ist im Lauf der vergangenen Jahrzehnte allerdings immer seltener geworden. Wissenschaftler stellten fest, dass die Fläche artenreichen Grünlands auf frischen bis feuchten Böden in den vergangenen 50 Jahren um rund 85 Prozent abgenommen hat. Heute dominieren artenarme intensiv gedüngte Grünländer.

Durch übermäßiges Düngen und Trockenlegen von Feuchtwiesen wird auch das Wiesenschaumkraut immer mehr verdrängt. Schon im Jahr 2006 wurde es zur "Blume des Jahres" gekürt, um auf die Gefährdung des Biotops „Feuchtwiese“ aufmerksam zu machen. Im Naturschutzgebiet Urdenbacher Kämpe können Spaziergänger in diesen Wochen zum Glück noch blühende Schaumkraut-Wiesen entdecken.

Bis heute ist das Wiesenschaumkraut ein Würzkraut für die Küche, aber auch ein Heilkraut gegen verschiedene Leiden. Wegen seines bitteren Geschmacks wird es auch Wilde Kresse, Bachkresse oder Kuckucksblume genannt. Kräutersammler verwenden Blätter, Blüten, Knospen, Samen und Triebe. Den Pflanzenteilen sagt man unter anderem eine antibakterielle, beruhigende, schleimlösende aber auch stoffwechselanregende Wirkung nach.

Wer außerhalb von Naturschutzgebieten sucht, kann sich aus Wiesenschaumkraut einen würzigen Tee oder herrlich frischen Wildsalat oder Kräuterquark zubereiten -und so der Frühjahrsmüdigkeit zuvorkommen.

 


Mai - Kuckuckslichtnelke

Woher der klangvolle Name stammt – darüber gibt es so einige Geschichten und Legenden. Welche Rolle spielt der Vogel Kuckuck? Oder waren gar Hexen im Spiel? Sicher ist: Die hübsche Nelkenart ist seltener geworden, weil man ihr durch Trockenlegung der Böden den Lebensraum nahm.

Die Kuckuckslichtnelke (Silene flos-cuculi) wächst in feuchten Wiesen, Mooren und Sümpfen. Ihre zarten, rosaroten Blüten wirken etwas zerzaust. Sie ist eine ausdauernde, krautige Pflanze, die 30 bis 90 cm Wuchshöhe erreicht. Sie blüht von Mai an bis in den Juli hinein. Meist sind ihre Blüten rosarot, es kommen aber auch weiße Variationen vor.

Ihr Name kommt vermutlich von der sogenannten „Kuckucksspucke“, die man häufig an ihren Stängeln findet. In den weißen Schaumgebilden befinden sich die Larven der Schaumzikade, ein Insekt, das von Spaziergängern häufig mit der Heuschrecke verwechselt wird, aber mit ihr nicht verwandt ist. Das gleiche Phänomen findet sich übrigens auch beim Wiesenschaumkraut - siehe Pflanzenporträt des Monats April.

Diese Schaumklumpen werden im Volksmund „Kuckucksspeichel“ genannt, weil sie zeitgleich mit der Rückkehr des Kuckucks Ende April bis Anfang Mai gefunden werden.

Andere Legenden berichten, dass der Name der Kuckuckslichtnelke wenig mit dem Vogel zu tun habe. Demnach verwendeten die Menschen früher den Begriff Kuckuck als Umschreibung, weil sie es nicht wagten, den Begriff Teufel oder Hexe auszusprechen. Demnach wäre der zutreffende Name für die Pflanze also Teufels- oder Hexen-Lichtnelke. In alten Zeiten brachten abergläubische Menschen die Pflanze auch mit dem Teufel, mit bösen Geistern und Kobolden in Verbindung. Und in einigen Regionen nutzten sie diese Nelke auch als magischen Hinweisgeber, wer als künftiger Heiratskandidat in Frage kommen könnte.

Als Heilpflanze spielte die Kuckuckslichtnelke nie eine bedeutende Rolle. In der Volksheilkunde schrieb man ihr zwar eine gewisse Wirkung gegen Bakterien und Mikroben zu – verwendete sie aber nur, wenn keine besser geeigneten Heilkräuter zu finden waren. Einige Quellen berichten, dass man ihre Wurzel früher auch als Seifenersatz nutzte.

Auch wenn die Pflanze für den Menschen keinen hohen medizinischen Nutzen hat, so gibt ihre Blüte bis heute vielen Insekten wertvolle Nahrung. Mit ihren zerteilten Kronblättern lockt sie ihre Bestäuber an. Das sind vor allem Insekten mit langem Rüssel, also Schmetterlinge und bestimmte Bienenarten.

Die Kuckuckslichtnelke fühlt sich wohl in feuchten, mäßig fetten Wiesen, Mooren und Sümpfen. Da in der Vergangenheit jedoch viele feuchte Gebiete entwässert, trockengelegt und so für die landwirtschaftliche Nutzung urbar gemacht wurden, ging der natürliche Bestand der Kuckuckslichtnelke immer weiter zurück.

Dafür findet sie nun verstärkt Einzug in vielen Gärten. Viele Pflanzencenter haben sie inzwischen in ihrem Sortiment – da Gartenliebhaber die attraktive Nelke als Uferbepflanzung für ihren Teich schätzen. Sobald die Kuckuckslichtnelke einen feuchten, geeigneten Standort findet, ist sie blühfreudig, pflegeleicht und bezaubert durch dichte Blütenmeere. Sie sät sich auch alleine aus und ist sogar winterhart.

Auf den geschützten, ausgedehnten Wiesen der Urdenbacher Kämpe können Spaziergänger die hübsche Nelkenart ab Mai noch in ihrem natürlichen Lebensraum entdecken – und sich für ihre Gartengestaltung inspirieren lassen.

 


Juni - Wasser-Sumpfkresse

Ihre goldgelben Blüten öffnet die Wasser-Sumpfkresse (Rorippa amphibia) ab Mai bis in den August hinein. Sie ist auch als Ufer-Sumpfkresse, Wasserkresse oder Teichkresse bekannt. Wie ihr Name schon verrät, liebt sie sumpfige Standorte, wächst an stehenden oder langsam fließenden Gewässern.

Obwohl sie eine Wuchshöhe von 50 bis 150 Zentimetern erreicht, ist die Wasser-Sumpfkresse eher eine unscheinbare Schönheit. Sie wächst gerade aufrecht, verzweigt sich und bildet ausläuferartige Stängel, die sich bewurzeln.

Die Blattform der Pflanze ist nach Standort sehr variabel. Ihre goldgelben Blüten werden von Insekten wie Hummeln, Bienen und Schwebfliegen bestäubt. Wasservögel sorgen später im Jahr für die Verbreitung der reifen Samen.

Die Wasser-Sumpfkresse ist ein einheimisches Gewächs und gehört zur Familie der Kreuzblütler. Sie wächst bevorzugt auf nährstoffreichen, schlammigen Böden, die zeitweise auch trocken werden. Sie gilt als ausgesprochener Stickstoff-Anzeiger.

Ihre lateinische Bezeichnung „Rorippa amphibia“ verrät die Bandbreite ihres Lebensraums. Rorippa bezeichnet den Pflanzennamen Rorippa, der Zusatz „amphibia“ bedeutet „doppellebig“, und sagt aus, dass sie sowohl an Land als auch im Wasser zurechtkommt.

Alle Bestandteile dieser einheimischen Wildpflanze sind essbar: das gilt sowohl für die zarten Blätter, die je nach Standort und Jahreszeit unterschiedliche Formen haben, als auch für die jungen Blütenstängel, die Blüten, Früchte und Samen - und sogar für die Rhizome und den Wurzelstock, der scharf wie Meerrettich schmeckt und ebenso verwendet werden kann.

Inzwischen verwenden sogar Spitzenköche die kräftig aromatischen Wurzeln der Wasser-Sumpfkresse für ihre Kreationen anstelle des japanischen, aus der Ferne importierten Wasabi-Meerrettichs. Und raffeln sie mit einer Reibe übers fertige Gericht, um ihm eine kräftige Schärfe zu verleihen.

Denn die Wasser-Sumpfkresse gehört als Kreuzblütler der gleichen Pflanzenfamilie wie Senf und Kohl an. Und so hat sie die typische Senföl-Schärfe – und ist tatsächlich mit dem fernöstlichen Wasabi verwandt. Die zarten Blätter kann man einfach so essen oder in den Salat geben.

In der Urdenbacher Kämpe findet der aufmerksame Spaziergänger die Wasser-Sumpfkresse an mehreren feuchten Standorten, beispielsweise am Altrhein und an feuchten Wiesenrändern.

Um sie nicht der Natur zu entnehmen, gibt es immer mehr Gartenfreunde, die sie an ihrem naturnahen Gartenteich oder einer feuchten Ecke ihres Gartens wachsen lassen. Das funktioniert sogar im feucht gehaltenen Kräuterbeet oder im Kübel, wo sie die Wasser-Sumpfkresse besonders gut ernten und auf kurzen Wegen in der Küche zu kulinarischen Köstlichkeiten verarbeiten lässt.

Pflanze mit kleinen gelben Blüten
Nach oben